“Mein Ziel ist es, den Künstler gut aussehen zu lassen”, sagt Mat. Ich habe mit ihm darüber gesprochen, wie er mit Musik sein Geld verdient, über Austauschbarkeit, Respekt und die eigene Stimme – und was er vom großen Bandleader James Last über das Dienen gelernt hat. Getroffen haben wir Mat in seinem Tonstudio in Hamburg-Harburg kurz nach dem ersten Corona-Lockdown. Mehr über ihn und seine Musik erfährst du unter www.matclasen.de.
Aus dem Hintergrund wirken und dabei das eigene Ego zurückstellen: Das ist eine zentrale Qualität der “Dienenden Führung” (Servant Leadership), die der Ex-Manager Robert K. Greenleaf schon 1970 beschrieb – als einen Schlüssel zu einer gerechteren Gesellschaft. Diese Führungsphilosophie steht im Mittelpunkt der ersten Staffel von “Der Klang des Dienens”.
Inspiriert hat Greenleaf “Die Morgenlandfahrt” von Hermann Hesse. In dieser Erzählung gehen Angehörige eines geheimnisvollen Bundes auf eine große Reise, begleitet von einem Diener namens Leo. Als dieser Diener auf einmal verschwindet, bricht die ganze Unternehmung in sich zusammen. Erst jetzt wird klar, dass Leo fast unbemerkt aus dem Hintergrund entscheidend zum Gelingen der Reise beigetragen hatte. Erst Jahre später taucht Leo wieder auf – als Anführer des Bundes.
Leo ist für Greenleaf die Verkörperung des “Servant Leaders”. Er ist zuerst Diener der Gemeinschaft, und erst aus diesem Dienen heraus wird ihm die Führungsposition zuteil. Einen Servant Leader, schreibt Greenleaf, erkennt man daran, wie sehr er sich um das Wohlergehen und persönliche Wachstum der Menschen bemüht – und nicht um Macht oder Wohlstand.
In jeder Folge dieser Staffel gehe ich einer anderen Qualität der Dienenden Führung auf den Grund.
Und was kann ich für dich tun? Sag es mir unter derklangdesdienens.de
Das Transkript dieser Folge
[00:00:00] Christoph: Wie dient man im Hintergrund? Das habe ich meinen heutigen Gast gefragt,
[00:00:06] Mat: Wenn ich in einer Band spiele und für einen Künstler spiele, ist ja mein Hauptziel, den Künstler gut aussehen zu lassen, das ist ja mein Job. Natürlich habe ich einen eigenen Anspruch an die Musik, ich möchte das natürlich sowieso so gut machen wie möglich, damit ich mir selber in den Spiegel gucken kann, aber mein Ziel ist, dass der Künstler gut dasteht.
[00:00:29] Ich bin Mat Clasen, ich bin Komponist, Saxofonist und Flötist, ich spiele sowohl engagiert als Musiker in anderen Bands, hab aber auch mein eigenes Ensemble, für das ich komponiere und in dem ich auch mitspiele. Hab eine eigene Solo-Show, nehme im eigenen Studio auch Saxophon-Spuren und Flöten-Spuren für Auftraggeber auf, und für mich selber aus Spaß.
[00:00:52] Christoph: Herzlich willkommen beim Klang des Dienens.
[00:00:55] Mein Name ist Christoph Brosius und in diesem Podcast geht es um Menschen, denen es mehr Freude macht, andere zu unterstützen als nur an sich selbst zu denken. Dienlich sein zu wollen ist als Lebenseinstellung genau das, was wir heute mehr brauchen als je zuvor. Und darum will ich dieser Einstellung, dieser dienenden Haltung hier auf den Grund gehen.
[00:01:16] Bei meiner Suche bin ich auf das Konzept der dienenden Führung – im Original: Servant Leadership – gestoßen. Dessen Urheber Robert Greenleaf hat schon 1970 beschrieben, was sich aus seiner Sicht Führungskräfte fragen sollten: Was kann ich für die anderen tun, damit sie wachsen können und dabei gesünder, weise und freier werden?
[00:01:37] Das war damals und ist auch heute noch eine radikale Perspektive. Ein Servant Leader, sagt Greenleaf, zeichne bestimmte Eigenschaften aus. Auf die wichtigste davon kam er beim Lesen der „Morgenlandfahrt“ von Hermann Hesse. Da gibt es die Figur des Dieners Leo. Er begleitet eine Reisegruppe auf einer Expedition und wirkt die ganze Zeit vor allem aus dem Hintergrund. Als er plötzlich verschwindet, fällt die Gruppe in sich zusammen und die Reise muss abgebrochen werden. Hesse schrieb: Kaum hatte Leo uns verlassen, so waren Glaube und Einmütigkeit unter uns zu Ende. Es war, als sei ein guter Hausgeist ausgezogen, es war, als liefe aus unsichtbaren Wunden das rote Blut des Lebens aus unserer Gruppe fort. Für Greenleaf war klar: Wer dienend führen will, der tut das nicht aus der ersten Reihe.
[00:02:31] Wie klingt es, wenn einer so aus dem Hintergrund dient? Das haben wir für die heutige Folge im Tonstudio von Mat Clasen aufgenommen. Seit über 35 Jahren spielt er als Musiker auf Bühnen und hat für über 120 CDs Musik eingespielt. Dadurch hat er Stars wie Sascha und Achim Reichel zum Glänzen gebracht.
[00:02:51] Wir haben darüber gesprochen, wie er mit Musik sein Geld verdient und was er von James Last über das Dienen gelernt hat. Getroffen habe ich ihn in Hamburg-Harburg.
[00:03:04] Mat: Das ist zwar eine Nebenstraße, aber die führt zu einer Hauptstraße. Also ist schon relativ viel Menschen – weniger Autos, aber Menschen. Dann gehe ich eine Kellertreppe runter ins Souterrain. Da schließe ich dann meine Tür auf, dann mache ich meine Tür wieder zu, da lasse ich die Straßengeräusche hinter mir. Dann gehe ich durch den Vorraum, in dem ein Klavier steht und an dem ich dann komponiere, in den Studioraum, mache die Tür zu, dann ist es sehr still.
[00:03:29] Und es ist auch kein Hall, also es ist ein sehr trockener Raum. Dann gehe ich durch die nächste Tür, eine Stahltür – feuerfest, so viel Zeit muss sein – in den Raum, in dem wir gerade sitzen. Da habe ich ein Fenster zum Garten, und in dem übe ich und unterrichte – aber mehr üben.
[00:03:52] Christoph: Gibt es hier so einen Sound, der dir besonders am Herzen liegt, wo du denkst wenn ich den Hörer oder wahrnehme, dann ist das so mein Lieblingsklang hier bei mir im Studio daheim?
[00:04:03] Mat: Du meinst von den Ambience-Geräuschen sozusagen?
Christoph: Was hier so rumklingt, genau.
Mat: Was hier so rumklingt, oha. Also nicht musikalisch ist es die Tür, die so ein Geräusch macht …
[00:04:14] Christoph: … die dicke Glastür dahinten…
[00:04:16] Mat: …diese dicke Glastür, genau. Die schließt quasi die Außenwelt aus. das macht sie mit einem knirschigen Geräusche, das find ich super, das gefällt mir. Ich bin wirklich sehr gern allein, ich finde es super für mich, introvertiert vor mich hin zu basteln. Und ein Teil davon ist es halt, dass die Welt draußen bleibt und ich mit mir alleine bin.
[00:04:44] Christoph: Das ist der Klang des Dieners. In dieser Folge sind wir im Tonstudio. Mat, wo sind wir hier?
[00:04:53] Mat: Wir sind gerade in meinem Arbeitsraum, und nebenan ist mein Studio-Raum, der ist schalltechnisch etwas mehr optimiert und da nehme ich halt auf. In einer professionellen Qualität, wie ich hoffe.
[00:05:05] Christoph: Erklär mal da ein bisschen mehr zu. Wie geht das denn? Da ruft doch dann jemand an, oder das kommt dann per E-Mail, die Anfrage, dass da ganz dringend von dir was eingespielt werden soll?
[00:05:16] Mat: Ich mach’ schon einiges an Werbung oder ich arbeite mit Leuten zusammen, die Werbemusik produzieren. Und die haben dann eine super tolle Idee, die haben sie in dem Moment und dann ist auch der Typ von der Werbeagentur da, der findet sie auch super toll und das müssen wir jetzt unbedingt mal hören. Und das muss aber klingen wie das und das, aber das können wir nicht bezahlen, wenn wir das und das nehmen. Also müssen wir etwas bauen, das danach klingt, oder wir machen ein Soundalike.
[00:05:37] Und das muss dann alles ganz schnell gehen. Und da gibt es dann drei, vier Firmen, die mich erkennen und die mich anrufen, wenn sie etwas brauchen wie Flöte oder Saxofon, manchmal auch Klarinette. Obwohl ich das gar nicht spiel’.
[00:06:00] Christoph: Wir können alles rausschneiden
Mat: Ich habe neulich tatsächlich einen Klarinetten-Job gehabt, der Typ für voll begeistert, ich fand’s selber auch gut. Also es ist ein bisschen mehr Arbeit, weil die Mikrofonierung von einer Klarinette ist bisschen trickyger als die von einem Saxofon oder von einer Flöte. Da muss man meist mit zwei Mikrofonen arbeiten und es so einstellen, dass die sich nicht gegenseitig auslöschen. Die rufen an oder schreiben eine Mail, je nachdem, ob das heute noch fertig sein muss oder morgen. Schicken mir dann das eine Beschreibung des Jobs oder besprechen das mit mir.
[00:06:33] Christoph: Also Noten kriegst dann oder was?
[00:06:34] Mat: Wenn’s gut geht, kriege ich Noten – meistens nicht.
[00:06:38] Christoph: Was? Singt der das dann auf den Anrufbeantworter oder was kriegstes dann?
[00:06:43] Mat: Entweder habe ich das schon als eine Midi-Spur – krieg es mitgeschickt, also auf einem Midi-Saxofon gespielt oder auf einer Flöte die Linie oder auf einem anderen Instrument dargestellt. Und dann spiele ich das, nehm das für die auf und schicke denen die Spuren. Dann hören sie es sich an und sagen: „Ist okay.“ Oder: „Mach noch mal hier ein bisschen anders.“ Und dann bauen die das ein, und dann ist es fertig, und dann schreibe ich eine Rechnung.
[00:07:10] Christoph: Allein im Keller Musik einzuspielen, das klingt schon mal sehr nach einem Dienen aus dem Hintergrund.
[00:07:19] Von den Jobs, die du bekommst, wie viele von denen sind jetzt welche, wo du kreative Freiheit hast, um Sachen auszuprobieren, und wo sind jetzt die, wo du sehr enge Vorgaben hast und einfach nur das nachspielen musst, was jemand anders komponiert hat
[00:07:35] Mat: Ungefähr Hälfte-Hälfte. Das ist eine spannende Frage, weil egal, was ich mache, es ist ja nicht, es ist ja immer was Persönliches. Also ich bin ja keine Maschine. Ich bilde mir auch ein, dass die Leute anrufen, weil sie das Persönliche von mir da mögen. Also entweder ist das der Sound oder die Art und Weise, wie ich Dinge spiele, wie ich, wie ich Dinge verziere zum Beispiel. Alles, was zwischen den Zeilen geschrieben ist, das kann man ja schwer aufschreiben, wenn es denn Noten gäbe. Hast du halt so Tonhöhe drin, Länge, Rhythmus. Wenn du Glück hast, sind da ein paar Artikulationszeichen drin. Meistens aber nicht. Und dann ist die eigentliche Kunst, das zu interpretieren. Also: Was ist da eigentlich gemeint? Die Notenschrift selber ist sehr unzulänglich generell, sie kann sehr selten genau das abbilden, was eigentlich gemeint ist.
[00:08:30] Christoph: Dass erinnert mich grade total an einen Sprecher. Wenn Leute Text einlesen sollen im Studio, dann war das für mich immer vollkommen klar, dass ich mir einen hole, der das auf eine bestimmte Art liest, die Betonung rein legt. Das ist mir noch nie so durch den Kopf gegangen, weil für mich Noten immer so total eindeutig waren, dass man Noten natürlich so spielen muss, wie die Noten da geschrieben sind.
[00:08:51] Mat: Es gibt immer gewisse Rahmen, in denen wir arbeiten. Wenn wir ein Stück Musik mit dem Rhythmus haben, dann ist es schon mal klar. Ich kann so im Mikro-Bereich mal ein bisschen mehr nach vorne spielen oder mich ein bisschen entspannen. Aber im Prinzip muss ich im Metrum bleiben. Das geht gar nicht anders. Freie Passagen gibt es eigentlich für mich je kaum zu spielen. Es gibt kaum mehr Musik, die nicht ein festes Tempo hat. weil dann kann man schneiden. Dann kann man was rausschneiden, was anderes einsetzen. Wenn man ein wackelndes Tempo hat, geht das nicht. Und da die Produzenten auch möglichst effektiv und auch schnell arbeiten wollen und man sich da nicht so sehr viel vergibt, wenn man einen Klick hat, also ein festes Tempo, dann arbeiten die schon so. Also den Rahmen gibt es auf jeden Fall schon mal. Ausdruck ist natürlich: ich bringe eine gewisse Art von Ausdruck rein durch, durch meinen Ton, durch eine Art und Weise, wie ich einzelne Töne lauter oder leiser spielen, also auch nur noch sehr nuanciert.
[00:09:51] Christoph: Ist es dann sowas wie deine Stimme, dein Ausdruck?
[00:09:53] Mat: Ja, das stimmt, da hast du Recht, und ich bilde mir auch ein, dass die Leute mich anrufen, weil das so ist, weil ich das bin, und nicht, weil es irgendjemand ist.
[00:10:06] Ich glaube, es ist auch schon so, wenn ich denselben Job von anderen Saxofonisten oder Flötisten gespielt hören würde, würde ich das schon hören, wer das ist. Insofern ist ein gewisses Maß an Persönlichkeit immer drin. Also dass ich wirklich jetzt Linien erfinde oder zum Teil mit komponiere, das ist nicht so häufig, aber es kommt auch schon vor.
[00:10:28] Dann mach ich auch mehrere Vorschläge. Das dauert dann auch ein bisschen länger, weil dann ist halt der persönliche Kontakt in dem Moment nicht so da. Wenn ich hier zu Hause sitze, läuft das dann so, dass ich meinen Vorschlag schicke, dann gibt es da ein Feedback, ich überarbeite das noch mal. Und man telefoniert drüber. Da ist es tatsächlich das Arbeiten im Studio, wenn man die vertrauensvolle, kreative, künstlerische Atmosphäre hat und nicht so ein Zeitdruck, das Angenehme.
[00:10:54] Weil dann kann ich direkt was spielen und dann direkt da stehen und dann Dinge erarbeiten. Wenn ich komplexere Sätze schreiben muss, was auch vorkommt, ich habe einen Bläsersatz zum Beispiel in einer festen Horn Section, da gibt es auch ein unterschiedliches Maß an Freiheiten.
[00:11:18] Christoph: Ich glaube, weder Greenleaf noch Hesse hatten jemanden vor Augen, der allein hinter den Kulissen dient. Ganz im Gegenteil: Dieses Dienen im Hintergrund, das passiere für alle sichtbar mitten im strahlenden Rampenlicht.
Christoph: Wenn Du für andere Leute jetzt was einspielst, egal ob es jetzt der Kreative der Werbung ist, oder eine Künstlerin, Künstler, die ein Album aufnehmen oder auch Leute, das machst du auch live auf der Bühne …
[00:11:53] Mat: Diese Studiotätigkeit ist das, was hier passiert, alles andere ist natürlich auf Bühnen und bei Veranstaltungen und das ist auch der Großteil meiner Einnahmen eigentlich. Oder der Großteil der Tätigkeiten.
[00:12:04] Christoph: Aha. also quasi Hiersein ist die Entspannung, aber der Hauptteil, das richtige Handwerker, das findet da draußen….
[00:12:11] Mat: Genau, das Butter und Butter verdiene ich bei Veranstaltungen.
[00:12:17] Christoph: Mit wem stehst du denn dann so auf der Bühnen?
[00:12:21] Mat: Es gibt ein paar Ensembles, die mich relativ regelmäßig buchen, das eine ist so ein Jazz-Trio, das andere ist so ein Walking-Act. Ich spiele aber auch mit Künstler auf Tournee. Ich war mit Achim Reichel auf Tournee, letztes Jahr mit Sascha auf Tournee, war lange bei James Last im Orchester Mitglied, spiele ab und zu mit Otto…
Christoph: Das wird meine Mama lieben.
[00:13:11] Christoph: Andere wurden von ihren Eltern an die Beatles herangeführt. Meine Eltern hatten früher so circa um die sechs Schallplatten daheim. Mindestens die Hälfte davon war von James Last. Richtig verstanden habe ich das nie, aber wenn davon dann mal eine lief, was fast nicht vorgekommen ist, dann war das gleiche warme Gefühl im Raum, als wenn die Titelmelodie vom Traumschiff im Fernsehen gedudelt hat. Naja, ist ja auch vom gleichen Mann komponiert.
[00:13:39] Mat: Ja, das war eine spannende Zeit.
Christoph: Du hast das lange gemacht.
Mat: Seit 1999 Jahre, 15 Jahre. Das war eine sehr lehrreiche, spannende Zeit.
[00:13:50] Christoph: Wie viele Menschen stehen, standen bei ihm auf der Bühne?
[00:13:55] Mat: Ich hab so durchgezählt, knapp über 30. Davon waren die Hälfte Streicher, Streicherinnen – tatsächlich alles Geiger. Ich glaube, der hatte kein klassisches Streich-Orchester in dem Sinne, dass da jetzt noch Bratsche oder Cello oder so noch dabei wären, das waren alles Geigen, aber 16.
[00:14:18] Christoph: Verzeih mir das Wortspiel, warst du denn so eine der letzten Geigen, die dann da so noch mit dabei waren?
Mat: Vom Datum meines Eintritts her, oder wie?
[00:14:25] Christoph: Gar nicht nur, wann du dazu gekommen bist, sondern einfach, da ist jetzt eine so große Gruppe von Musikern, die gleichzeitig einen Auftritt haben. Was macht das mit dir? Wenn du dann als Teil von so einer großen Gemeinschaft bist, die gleichzeitig auftreten? Das ist ja ein ganz anderer Vorgang als alleine im Studio, ganz auf sich selbst fokussiert, den eigenen Teil einzuspielen.
[00:14:47] Mat: Ich war im Orchester auch solistisch tätig, also ich war der einzige Holzbläser. Das war spannend, weil er hatte vier Trompeten und drei Posaunen. Also es war alles Blech, war in Sätzen geordnet, obwohl es auch alles hervorragende Solisten waren, und ich war am Holz der Einzige und hab dann natürlich auch am Holz solistischer agiert. Zum Teil aber auch im Gesamtsound gearbeitet. Das ist natürlich schon ein ganz großes Gefühl, in einem großen Klangkörper ein Teil davon zu sein, auf Bühnen zu stehen und ein großes Publikum mit Freude zu erfüllen. Und es ist natürlich ein Urgestein, der Mann war einfach eine äußerst beeindruckende Erscheinung sowohl als Typ als auch von dem, was er gemacht hat. Also der war ein begnadeter Arrangeur und Komponist, steht immer so abschätzig als Easy Listening so tituliert. Aber erstens ist es genau das, was er machen wollte. Es ist genau sein Sound. Und er war unglaublich fleißig. Hat jedes Jahr ein Album rausgehauen. Und ich komponiere ja selber. Wenn Du für eine 35-köpfige Band was arrangierst, musst Du jede Stimme schreiben, jede Note schreiben. Es ist unfassbar viel Arbeit. Musst auch überlegen, was genau die machen, wenn ich was setze, oder hier Stimmen, diese Orchestrion. Das ist sehr aufwändig. Und er hat jedes Jahr ein Album rausgehauen, mindestens eins bis sogar zwei. Das hat alles er geschrieben. Der steht morgens um sieben auf – oder stand morgens um sieben auf, hat sich an den Computer gesetzt oder früher noch an seinen Schreibtisch. Und hat erst mal stundenlang gearbeitet. Und er war in dem, was er da gemacht hat, sehr gut, wirklich ein begnadeter Arrangeur.
[00:16:33] Christoph: Wenn ich dich so reden höre, dann ist das, als ob du hättest dafür bezahlen müssen, dass du für ihn spielen darfst…
[00:16:39] Mat: Das hätte ich jetzt nicht gemacht. Aber ich habe mich auch davor nicht mit ihm befasst. Bis ‘99 wusste ich, dass es den gab und dass die Band irgendwie legendär war. Ich kann ja nach einer Zäsur dazu zur Band, nachdem seine Frau gestorben war. Dann hat er mehrere Jahre nichts gemacht, und dann hat sich die Band auch so zeitweise neu formiert danach, und da war ich dann dabei. Die legendären Zeiten waren so ein bisschen vorbei.
[00:17:12] Christoph: Das war das Spätwerk dann.
[00:17:13] Mat: Genau, das Spätwerk.
[00:17:15] Christoph: Wie hat sich das für dich angefühlt, mit ihm zu arbeiten? War das ein “Der gibt mir das Gefühl, dass wir hier auf Augenhöhe gemeinsam musizieren“? Oder war das ein „Wir halten Ihm den Rücken frei? Ich stütze von hinten“? Oder „Wir sind so die Basis von unten, damit er nach oben aufsteigen und glänzen kann“? Wie hat sich das angefühlt?
[00:17:38] Mat: Also zum einen war er natürlich echt Chef. Auf Augenhöhe, das würde ich sagen. Er war auf jeden Fall der Chef. Er war aber auch eine krasse Vaterfigur. So als Typ. Und es gab auch Momente, da war er wirklich sehr aufbrausend. Wenn was schief lief, dann war das nicht schön. Man hat sehr großen Respekt vor ihm, einerseits natürlich vor seiner Arbeit, seiner Leistung, aber auch vor ihm als Typ. Das andere war, dass ich ihn nie erlebt habe als jemanden, der sich so persönlich in den Vordergrund drängen möchte. Es ging ihm – glaub ich – nicht darum, sich persönlich zu produzieren oder als besonders super dazustehen oder sich von der Band dahin tragen zu lassen. Er hat schon sehr großen Respekt für seine Musiker gehabt, und ich glaube, er wollte immer diese Musik hören, und er wollte diese Musik seinem Publikum schenken. Ich glaube, das war sein Hauptanliegen. Es ging ihm um die Musik. Wenn er was geschrieben hat, hat er es immer für die Personen geschrieben, die da waren. Also der hat Sachen für mich geschrieben.
[00:18:38] Christoph: Also ganz spezifisch für dich?
[00:18:41] Mat: Also für dieses Instrument. Aber er hat, wenn er schrieb, dann das so geschrieben, das merkbar war, dass er mich als Person aber im Kopf hatte und nicht irgendjemanden. Es gab einmal ein Stück für Tin Whistle. Die Tin Whistle ist so eine kleine irische Flöte. Heißt auch Penny Whistle. Die besteht aus Blech, hat irgendwie sechs, sieben Löcher, die sind diatonisch, sind also in einer Tonart. Und da gab’s so einen irischen Tanz, den er da geschrieben hat. Und er hat mich dann zu sich nach Hause geholt, da hat er noch an der Alster eine Wohnung gehabt. Und mir das so vorgestellt. So ein paar Monate vor der Tournee. Und ich komme dahin, und dann vor mir auf dem Tisch liegen fünf, sechs Notenblätter, alles schwarz, alles eng geschrieben. Und dann auf diesem, ich will nicht sagen Spielzeug-Instrument, aber auf dieser diakonischen Flöte. Hat auch einen Tonartwechsel gehabt, was eigentlich gar nicht geht. Und ich gucke mir das so an und denk: Nee, das kann ich nicht. Das sehe ich nicht. Und er nur: Ja, hier, nimm mal mit. Dann hab ich’s geübt. Und es war so geschrieben, als hätte der sein Leben lang nichts anderes gemacht, als dieses Instrument zu spielen. Der hatte einen unfassbaren Sinn dafür, was ein Instrument kann und was der Spieler hinkriegt. Es war für mich so an der Leistungsgrenze, aber halt nicht drüber. Ich musste wirklich üben, mich aufn Arsch setzen und dann auch diesen Tonartwechsel irgendwie hinkriegen, ich musste mir da Hilfsgriffe noch ausdenken.
[00:20:28] Aber es war genau im Register des Instruments. Und es war einfach super. Der hatte einfach so einen Sinn dafür, das in den Leuten zu sehen. Ein großes Talent, wenn man Dinge arrangieren möchte: sich da rein denken zu können.
[00:20:41] Christoph: Ok, ich merke, das triggert mich grad sehr. Besonders bei meiner Zeit beim Film hatte ich viele von solchen Momenten. So ein Schrebbeln an der eigenen Leistungsgrenze, immer kurz vor der Überforderung. Ich erinnere mich zum Beispiel ein „Flightplan“ mit Jodie Foster. Ich hatte noch nie im großen Umfang Komparsen inszeniert, als ich dann recht spontan viele hundert Menschen über den Flughafen Halle-Leipzig schieben musste. Nächte lang. Dank Mat ist mir wieder eingefallen, dass ich da ohne meinen Chef Thorne damals nicht hingekommen wäre. Der hatte etwas in mir gesehen, das wusste ich selber noch gar nicht über mich.
Das Gefühl, dass er dir gegeben hat, so was Großes gemeinschaftlich entstehen zu lassen und dann am Ende des Tages ja schon auf so einer Augenhöhe, oder auch mit seiner sorgsam Haltung dem Individuum und dem einzelne Instrument gegenüber: Ist das typisch auch bei den ganzen anderen Erfahrungen, die du hast? Also zieht sich das durch, dass andere Leute auch so sorgsam mit ihren Musiker*innen umgehen?
Mat: Nö, da war schon sehr besonders.
Christoph: Was ist dann eher der Normalfall, wie sich das anfühlt, dann – ich weiß nicht, was dann eher vorkommt. Wenn Du sagst, Veranstaltung ist das häufigste, also dann für andere Leute auf der Bühne zu stehen …
[00:21:55] Mat: Also James Last ist natürlich ein Künstler, die Leute kommen zu ihm wegen seiner Shows. Ich war mit am Anfang mit Tony Christie zum Beispiel unterwegs und mit Vicky Leandros, gerade mit Achim Reichel.
[00:22:18] Und die sind alle sehr unterschiedlich. Einigen sind die Musiker völlig egal, der Musikerin ist es dann einfach wumpe. Hauptsache da steht irgend jemand, der irgendwas macht. Das habe ich auch erlebt, dass wir unterwegs waren, da wurde die komplette Band ausgetauscht, weil ein Termin nicht passte. Also so eine ganze Tournee irgendwie statt zu sagen: Ok, vielleicht kann man an den Terminen irgendwie noch was machen. Nee, da nehmen wir eher eine andere Band. Da habe ich auch nie wieder was gehört. Ok, Wertschätzung geht anders, aber gut.
Wenn man einmal Erfolg hat als Künstler, ist es sehr schwer, glaube ich, also von dem, was ich beobachte, bei Künstlern sich nicht darauf auszuruhen. Weil die meisten Menschen werden dann bitter, man merkt, dass sie eigentlich nicht mehr Bock haben, den Song zu spielen, mit dem sie seit 20 Jahren bekannt sind oder berühmt sind. Und es gibt kaum was Schlimmeres irgendwie anzusehen als als ein Künstler, der ja
Christoph: leidet? Das klingt so leidend…
[00:23:23] Mat: Nee, es ist nicht mal leidend. Es ist einfach so eine Egal-Haltung. Ich meine, ich verdiene mein Geld damit. Also mache ich das halt, aber ich habe künstlerisch nichts mehr zu sagen. Ich habe es nicht geschafft, mich so weit immer wieder in Zweifel zu ziehen oder immer wieder mich neu zu erfinden, um was Neues zu machen.
[00:23:41] Christoph: Und auch denen musst Du da ja helfen wenn die dich holen, dann darfst du denen in der Lage ja helfen?
[00:23:45] Mat: Die sind tatsächlich meistens sehr kumpelig mit den Musikern. Das ist nicht so. Aber musikalisch, also menschlich ist das in dem Moment schwer zu ertragen. Das sind trotzdem ganz nette Menschen, so nach Innen. Aber das gibt es häufig. So Menschen, die mal Hits und dann die nächsten 20, 30 Jahre damit verbringen, ihre Hits zu spielen, und sind innerlich so leer. Das macht keinen Spaß, macht keine Freude.
[00:24:19] Christoph: 30 Jahre in der ersten Reihe und immer den gleichen Song. Hölle, Hölle, Hölle, würde ich das nennen. Wie macht Mat das denn, sein Dienen aus der zweiten Reihe ?
[00:24:33] Mat: Wenn ich in der Band spiel und für den Künstler spiel, ist es mein mein Hauptziel, den Künstler gut aussehen zu lassen, das ist mein Job. Natürlich habe ich einen eigenen Anspruch an die Musik, ich möchte das natürlich sowieso so gut so gut machen wie möglich, damit ich mir selber im Spiegel gucken kann, aber mein Ziel ist es, dass der Künstler gut dasteht.
[00:24:56] Christoph: Wie geht das?
[00:25:00] Mat: Man muss sich halt zurücknehmen. Man muss den oder die Künstlerin in ihren Stärken und Schwächen irgendwie erkennen. Das ist nicht mal ausgesprochen, das ist was Subtiles. Und probieren, die Schwächen zu kaschieren und die Stärken hervorzuheben. Das ist noch ein bisschen mehr die Aufgabe des musikalischen Leiters. Es gibt ja in so einer Band immer noch einen Musikchef oder eine Musikchefin, die die Stücke vorbereitet und die Kommunikation mit dem Rest der Band macht.
Christoph: Die spielen nicht selber mit?
Mat: Doch, die spielen auch mit. Meistens ist es der Pianist oder irgendjemand, der die musikalische Leitung übernimmt, der Arrangements schreibt auch. Der kriegt auch meistens mehr Geld.
Das ist auch quasi ein Job, der noch dazu kommt. Und der – eigentlich ist das die Hauptaufgabe von dem, dass der mit dem Künstler oder der Künstlerin soweit zusammenarbeitet oder das so sieht, das bei Passagen, wo die Künstlerin glänzen kann, sich zurücknimmt, und bei Passagen, wo das Glanzpotential nicht ganz so hoch ist, musikalisch vielleicht mehr übernimmt. Der Zuhörer kann ja nicht unendlich viel hören, er kann immer nur ein, zwei, der geschulte drei musikalische Ideen gleichzeitig wahrnehmen. Und wenn die Band auf einmal sehr laut ist, dann ist der Fokus vom Künstler oder von der Künstler auf einmal weg. Spannend.
[00:26:23] Christoph: Katie Perry, Elton John, Mariah Carey, Sheryl Crow, Cher, Phil Collins, Pink – das sind alles ehemalige Background-Sängerinnen, bevor sie unter ihrem eigenen Namen berühmt geworden sind. Ich habe mich immer gefragt, wie es dazu kommt, dass man irgendwann in die erste Reihe tritt.
Als Du angefangen hast, Musik zu machen: Hast du dir das da so ausgemalt? Ich weiß, Du hast angefangen gleich schon im Verbund mit anderen und nicht als Solo-Künstler von Anfang an Geld mit Musik zu verdienen. Aber war, gab es einen Punkt, wo du gedacht hast, das ist schon okay, das ist genau, was ich machen möchte: anderen Leuten dabei helfen, gut auszusehen? Oder wie bist du dahin gekommen, dass Du das scheinbar ja wirklich gut machst, weil du das doch schon so lange machst und für so viele Leute.
[00:27:12] Mat: Erstmal habe ich mir diese Gedanken nie gemacht, die mach ich mir jetzt. Also seit ein paar Jahren. Da hinterfrage ich das auch für mich selber, ob das nicht in meinem Leben auch einen Punkt gibt, wo ich auch da allein in den Vordergrund trete aus der zweiten Reihe. Und das mach ich auch. Ich mache verschiedene Projekte wo ich jetzt auch mal der Chef bin. Ich werde in drei Wochen das erste Album aufnehmen, wo ich selber vorne drauf stehe mit meinem Namen
Christoph: Nach wie vielen Jahren?
Mat: In fast 35 Jahren, in denen ich öffentlich Musik mach. Ich habe fast 120 CDs gespielt von anderen Leuten. Das ist die erste mit meinem Namen drauf. Ich hab das am Anfang nie hinterfragt. Ich hab mir diese Gedanken nie gemacht. Das war so einfach für mich klar: Wenn ich auf der Bühne stehen, diene ich einer Sache und das möchte ich dann machen. Ich bin quasi Teil des Ganzen, und ich möchte, dass das Ganze gut aussieht.
[00:28:29] Christoph: Diese Sache, das Ganze, was ist das? Ist es das Konzert, der Abend, der Event, das Stück, die Musik, die Energie?
[00:28:38] Mat: Das ist der oder die Künstlerin. Das ist das Publikum. Dass die eine gute Zeit Haben. Das hängt auch immer stark davon ab, wer in der ersten Reihe steht und was der oder die für eine Agenda hat. Das färbt natürlich ab auf das, wie ich da umsetze. Mir war das nie bewusst, ich habe gemerkt, dass es für mich auch ein Bedürfnis ist, das, was ich da mache, so gut wie möglich zu machen, und das heißt in den meisten Fällen auch, mich da rein zu passen, also meinen Part zu übernehmen, aber nicht mehr.
[00:29:16] Christoph: Damit alle zusammen das Ziel erreichen, muss jeder und jede den eigenen Beitrag leisten, aber auch nicht mehr. Das ist genau das, was Hesse in der Morgenlandfahrt beschrieben hat. Du musst wissen, wie wichtig du für die Gruppe bist, aber du lässt es nicht raushängen. Wie geht das, wie finde ich heraus, was mein Beitrag ist, und wie finde ich zu der nötigen Bescheidenheit?
[00:29:42] Kann man das lernen, so eine Haltung zu haben. Oder muss man die mitbringen?
[00:29:49] Mat: Das ist ein wirklich gute Frage. Die kann ich natürlich nicht beantworten. Ich kann nicht für andere Menschen sprechen. Ich selber weiß, dass ich die Haltung, dass ich das mitgebracht habe. Das ist etwas, was mir liegt, damals noch mehr als heute. Aber ich weiß, dass ich damit keine Schwierigkeit, das war für mich völlig fraglos, dass es in dem Moment nicht um mich geht in erster Linie, sondern um das Ganze, um den oder die Künstlerin oder um das Publikum oder um das ganze Event. Und ich fühlte mich auch gut damit. Mach ich auch immer noch. Ich weiß nicht, wenn jemand, dem das sehr schwer fällt, ob der es lernen kann, weiß ich nicht. Keine Ahnung.
Es gibt einen Saxofonisten, der heißt Colin Stetson. Dem habe ich auch eine Hommage gewidmet, ein begnadeter Saxofonist und Artist, Künstler. Ich habe mir von dem sehr viele Videos angeguckt, den bewundere ich sehr. Wenn ich mir überlegt, was würde ich mir von dem wünschen als jemand, der ihn bewundert?
[00:31:04] Was von dem sichtbar ist, das ist mir eigentlich schon Inspiration genug. Der lebt ja seine Haltung auf jeder Ebene und auch in der Art, wie er Saxofon spielt. Ich muss dem ja einfach nur zuhören und die Intensität spüren und den Struggle, den er da hat – oder von dem ich glaube, dass er ihn da hat – was er da spielt, um mir da eine Scheibe von abschneiden zu können.
[00:31:29] Am Ende kann ich bei so jemand immer nur gucken: gibt es da eine Saite, die das in mir zum Schwingen bringt. Dann kann ich für mich selber gucken, wie ich diese Saite zum Schwingen bringen kann, oder wie ich diese Saite hören kann oder wahrnehmen kann. Das ist eine Aufgabe an die Selbstwahrnehmung. Probiere das, was ich künstlerisch zeige, dich davon anfassen zu lassen – und das ist schon mal gut.
Ich kann dir auch etwas dazu sagen, was ich künstlerisch meine oder so. Also jetzt vielleicht nicht in diesem Interview, aber generell kann ich ein Stück schreiben, oder wir hören ein Stück, und dann kann ich auch dazu was sagen, und dann ist es vielleicht die Möglichkeit der Abstraktion, also Gesetzmäßigkeiten zu entdecken oder Ideen oder Gedanken dahinter zu entdecken.
[00:32:20] Aber ich glaube, eine Haltung kann man nicht von jemandem lernen, eine Haltung muss man mit seinen Erfahrungen und Orientierung an Vorbildern, aber dann auch Orientierung an seinen eigenen Prinzipien entwickeln.
[00:32:36] Christoph: Haltung kann man nicht erlernen, Haltung kann man nur entwickeln. Also ich hab da eine Idee, an wem Mat sich orientiert hat.
Hast du das für dich gehabt in den letzten 30 Jahren, ein starkes Vorbild? Ich höre dich sehr wertschätzend sprechen über viele tolle Menschen, aber hast du das für dich gehabt?
[00:32:55] Mat: Ja, ich probiere bei vielen Menschen, mit denen ich zu tun habe, irgendwie zu sehen, was wenn ich jetzt …
[00:33:00] Christoph: Also du hast gar nicht ein Vorbild, Du hast …?
Mat: Natürlich gibt es auch – Colin Stetson jetzt kenne ich nicht persönlich. Das ist für mich dann die Art und Weise, wie er mit Musik umgeht oder was er dem Saxofon entlockt, das ist für mich inspirierend und wie er als Typ darüber spricht – die Ernsthaftigkeit, mit der darüber spricht.
[00:33:20] Das Stück, was ich geschrieben habe, das heißt „What would Colin do?“ Das ist ja genau die Frage. Ich glaube nicht, dass der sich bei irgendwelchen Veranstaltungen hinstellt und mit dem Jazz-Trio spielt, das glaube ich einfach nicht.
[00:33:32] Christoph: Ich sage immer: „Was würde meine Mama dazu sagen?“
[00:33:35] Mat: Genau, vielleicht ist es auch ein überhöhtes Bild von dem. Ich weiß es nicht, keine Ahnung, Idealisierung ist ja auch ein schönes Phänomen. Aber in vielen Dingen war zum Beispiel James Last ein großes Vorbild für mich. Oder Vorbild ist vielleicht das falsche Wort. Aber eine Inspiration.
Christoph: Ja, was würde James tun?
Mat: Genau, also die Ernsthaftigkeit, mit der er an seine Sachen rangegangen ist, mit der er die auch verteidigt hat gegen gegen andere, zum Beispiel Tourneeveranstalter, die Show, wie die aussehen sollte, welche Stücke gespielt werden, wie das Drumherum aussieht. Das war ein Kampf. Und wie er da seine Sicht der Dinge als Künstler vehement vertreten hat, das fand ich inspirierend. Wie er damit umgegangen ist, wie er mit dem Publikum umgegangen ist, wie sehr ihm das bedeutet hat, wie sehr ihm dieses Familiengefühl auch – also für ihn war das eine Familie. Das fand ich inspirierend.
[00:34:23] Christoph: Also du würdest nicht mehr für jeden auf die Bühne gehen?
[00:34:28] Mat: Ich glaube, ich bin noch nie für jeden auf die Bühne gegangen, aber ich werde auf jeden Fall erstmal …
Christoph: Wählerischer?
Mat: Wählerischer. Danke, genau. Ich werde auf jeden Fall wählerischer, es gibt mehr Dinge, die nicht mehr machen würde, als ich gemacht hab’ als ich jung war. Klar, wenn du anfängst, von Musik zu leben oder von dem Instrument zu leben, da machst Du natürlich jeden Scheiß mit erstmal, den es überhaupt gibt. Das ist auch schlau das zu machen, du musst ja jede Art von Erfahrung sammeln, auch um hinterher sagen zu können: Oh, das mache ich jetzt nicht noch mal. Aber natürlich probiere ich in meiner jetzigen Lebensweise mir schon grundsätzlich, paar Dinge zu überlegen wie das, was ich mach, in Zusammenhang steht mit allem anderen.
[00:35:11] Christoph: In so einer Podcast-Situation, wo man auf so einem Ledersofa in einem Souterrain-Studio in Hamburg setzt und sich fragt: Mensch, wie macht man eigentlich jetzt den Sack zu bei so einem Gespräch jetzt: Was würde Mat da machen?
[00:35:29] Mat: …in Hamburg sagt man Tschüß, nee..
[00:35:34] Christoph: Ja, tschüß!
[00:35:41] Christoph: Mat, vielen Dank!
[00:35:42] Mat: Dank dir, dank euch. Das war große Freude.
[00:35:46] Christoph: Das Dienen aus dem Hintergrund klingt für mich vor allem nach hoher Passgenauigkeit. Mat spielt nicht einfach nur irgendwie mit, sondern er hilft, das gemeinsame Ziel zu erreichen, diesen einen Sound zu erzeugen, hier etwas hervorheben, jenes dezent kaschieren, dort kräftig unterstützen. Damit er so präzise aus dem Hintergrund arbeiten kann, muss er wissen, worauf es seinen Künstlern ankommt. Und um das zu klären könnte, eine ganz klare Leitfragen für sich zu haben:
Weiß ich wirklich, was das Ziel ist, das erreicht werden soll? Ich hoffe, diese Frage fällt mir wieder ein, wenn ich das nächste Mal um Hilfe gebeten werde. Die Chance wird hoch sein, dass ich wieder nur angenommen habe zu wissen, wohin die Reise gehen soll.
Wenn du auch mehr Freude daran hast, andere bei ihren Zielen zu unterstützen, als nur an dich selbst zu denken, dann besuch uns doch auf derklangdesdienens.de. Das ist der Ort, an dem wir alle zuerst fragen: Was kann ich für dich tun? Den Link zu unserer kleinen Gemeinschaft findest du auch in unseren Shownotes, genau wie die Webseite von Mat. Da gibt es dann auch seine erste eigene CD zu finden.
Solltest du auch Lust bekommen haben, uns einen Dienst zu erweisen, lass uns doch bitte eine Bewertung da oder noch viel besser erzähl anderen von dem, was du gerade über das Dienen gehört hast.
„Der Klang des Dienens“ ist eine Produktion von Fail Better Media. In der Redaktion dienen Carolyn Braun und Georg Dahm. Mischung: Niklas Kammertöns, Neuton Berlin. Unsere Titelmelodie kommt von Clemens Gutjahr.
Mein Name ist Christoph Brosius, und ich freue mich, wenn wir uns bald wieder hören. Bis zum nächsten Mal. Alles Gute.
Das war „Der Klang des Dienens“.